Trouble Teenies auf 4 Pfoten
Hundetrainer André Vogt im Interview
Wir haben seit Beginn der Pandemie 20 Prozent mehr Hunde: Was bedeutet das für deine Arbeit?
André Vogt: "Wir merken auch in der Hundeschule, dass es deutlich mehr Hunde gibt. Die Nachfrage nach Trainings ist enorm gestiegen. Dazu kommt ja noch, dass wir, wie auch alle anderen Hundeschulen, monatelang im Lockdown schließen mussten. Das war natürlich für viele Neu-Hundebesitzer:innen ein riesiges Problem. Es gibt also quasi einen Trainingsstau, dem wir bestmöglich versuchen, entgegenzukommen."
Du liebst Welpen heiß und innig. Wie kam es dazu, dass du dich jetzt um ältere Hunde kümmerst?
"Ich liebe das Arbeiten mit Welpen – sie auf das Leben vorzubereiten und sie zu trainieren und zu sehen, wie aus Besitzer:innen und den Welpen ein Team wird, das ist schon eine große Leidenschaft von mir. Dennoch interessieren mich natürlich auch die anderen Phasen sehr. Gerade in der Hunde-Pubertät haben es die Hundehalter:innen teilweise extra schwer und stoßen an ihre Grenzen. Das kann sehr frustrierend sein. Und genau deswegen ist das auch eine großartige Herausforderung, die mich jetzt bei meinem neuen Format Trouble Teenies auf vier Pfoten reizt."
Teenie-Hunde? Gibt es überhaupt so etwas wie eine Pubertät bei Hunden?
"Vergleichbar mit dem Menschen gibt es auch bei Hunden eine Pubertät. Die startet ungefähr mit dem sechsten Lebensmonat. Dann geht die hormonelle Umstellung im Körper los und das führt dazu, dass man manchmal das Gefühl hat, der Hund hätte alles verlernt. Trainingseinheiten, die super gepasst haben, können dann plötzlich nicht mehr abgerufen werden. Das ist auf jeden Fall nicht leicht für die Hundebesitzer:innen. Es ist dann gut zu wissen, wie geh ich damit um und wie komme ich da bestmöglich durch."
Wann würdest du von "schwererziehbaren" Hunden sprechen?
"Ich habe ein Problem mit dem Wort 'schwererziehbar'. Die wenigsten Hunde sind 'schwererziehbar'. Vielmehr ist das Problem ein Missverständnis in der Beziehung zwischen Mensch und Hund. Wenn dieses Problem die Lebensqualität massiv eingeschränkt und der Hund nur noch Energie kostet, dann sollte man dieses Missverständnis zwingend angehen und lösen."
Welchen Rat hast du für verzweifelte Hundebesitzer:innen?
"Das Wichtigste, was frustrierte Hundebesitzer:innen von pubertierenden Hunden sich immer wieder sagen müssen: Es geht vorüber! Es ist ganz entscheidend, mit welcher inneren Einstellung ich in diese Phase gehe. Wenn ich mir dessen bewusst bin, was mein Hund da gerade durch macht, bin ich viel verständnisvoller. Das macht das Ganze sehr viel leichter. Außerdem: In dieser Phase sollte man die Messlatte einfach etwas runterzuhängen und gelassen zu bleiben. Trotzdem sollte man weiter trainieren, weil es wichtig ist, dass die Hunde in der Phase Gelerntes weiter abrufen."
Was ist bei Teenie-Hunden anders als bei Hundewelpen?
"Welpen sind in der Regel recht unverdorben und lassen sich leicht trainieren. Das ist der große Unterschied zu den späteren Phasen. Da kriegt man natürlich auch ein bisschen die Quittung, wenn man es in den ersten Lebensmonaten etwas hat schleifen lassen. Deshalb ist es auch so wichtig, sich gut auf diese Phase vorzubereiten."
Schon während deiner Ausbildung zum Hundetrainer hast du dich auf schwererziehbare Hunde spezialisiert. Warum liegen dir die Problemfälle besonders am Herzen?
"Ich liebe Herausforderungen – und mein Ziel ist es, Menschen mit ihren Hunden zu helfen. Deswegen ist es eine ganz besondere Aufgabe, Hunden zu helfen und damit auch den Menschen, dass sie wieder mehr Lebensqualität und mehr Spaß an ihrem Hund haben."
Ist es irgendwann zu spät, einen Vierbeiner zu erziehen?
"Klar lernen Hunde am besten im Welpenalter. Was man in der Zeit lernt, gräbt sich direkt tief ins Gehirn. Es stimmt aber nicht, dass sie danach nicht mehr lernen. Denn natürlich ist ein Hund, wie jedes andere Lebewesen auch, in der Lage sehr, sehr lang zu lernen. Aber gerade, wenn es um Umweltgewöhnung und Sozialisierung geht, sind die ersten Lebenswochen entscheidend und so richtig effektiv. Da bilden sich die Grundsteine für das komplette, spätere Leben."
Wie findet man die richtige Hundeschule?
"Man sollte sich verschiedene Hundeschulen anschauen, häufig hilft ein Blick auf die Website, um sich mit der Erziehungsphilosophie der Schule vertraut zu machen. Aber am Ende ist mein Rat, nach dem Bauchgefühl zu gehen. Die Methode sollte zu der eigenen Einstellung passen und man sollte sich wohlfühlen, Spaß haben, und natürlich sollte das ganze Training komplett frei von Gewalt sein."
Welche Rolle spielt Lob bei der Hundeerziehung?
"Lob und Anerkennung sind für einen Hund, der ja ein soziales Wesen ist, extrem wichtig. Als Faustregel gilt: Man sollte immer mehr Loben als Korrigieren. Wer jetzt sagt, 'Futter, das kann ja jeder und das ist Bestechung.' Dazu muss man sagen, mit Futter, was ja für die meisten Hunde etwas sehr Positives ist, kann man sehr gut belohnen. Das macht man ja auch nur in der Ausbildungsphase und dann schleicht sich das aus. Am Ende braucht man kein Futter mehr. Außerdem gibt es neben Futter natürlich auch noch anderes Lob – also verbal und taktil. Mit der Stimme oder Streicheln kann man Hunde auch belohnen."
Warum werden manche Hunde aggressiv?
"Die meisten Hunde werden aggressiv, weil sie falsch gehalten werden. Das kann daran liegen, dass sie vielleicht unterfordert oder frustriert sind. Oder weil es viele Missverständnisse in der Hund-Mensch-Beziehung gibt. Wenn man aber den Grund für das Problem findet, kann man es gut angehen."
Was kannst du potenziellen Hundehalter:innen bei der Suche nach der richtigen Rasse empfehlen?
"Es gibt Hunderassen, die sehr selbstständig sind, dazu gehören beispielsweise Herdenschutzhunde. Die sind sehr anspruchsvoll und auf jeden Fall nicht für Hundeanfänger:innen geeignet. Und es ist im Vorfeld immer wichtig, sich mit der Rasse zu beschäftigen. Passt die Rasse zu mir? Zu meiner sportlichen Aktivität? Habe ich einen Hund, der sehr aktiv ist, dann sollte ich das selbst auch sein. So gibt es einige Faktoren, über die man sich im Vorfeld informieren kann. Nur nach optischen Gründen zu gehen, kann ganz böse in die Hose gehen."