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Florian Sitzman im Tag der Heldinnen Interview

Bloß keine halben Sachen

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© Credit privat

Am Tag der Heldinnen beschäftigt sich sixx mit Menschen die trotz Handicap ihr Leben meistern. Zu jenen gehört auch Florian Sitzmann, der nach einem Autounfall beide Beine verlor. Im Interview mit sixx.de spricht er über sein Leben nach dem Unfall.

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Ihr Buch beschäftigt sich mit der Frage, wie rollt es sich durch Deutschland. Was sind ihre bemerkenswertesten Erfahrungen im Fußgängerdschungel?
Sitzmann: Ich habe oft erlebt, dass auch nichts passiert, wenn du selbst nicht auf die Menschen zugehst. Wer also nicht mitspielt, kann auch nichts gewinnen! Es ist der erste Augenblick den dein Gegenüber braucht, um die Scheu/Angst vor deiner Behinderung abzulegen. Wenn das geschafft ist, ist der Rest nur noch die Kür.

Was hat sie nach ihrem Unfall motiviert, sich wieder ins Leben zurück zu kämpfen? Was ist ihre Quelle der Kraft?
Sitzmann: Anfangs waren da meine Eltern und meine Brüder die mir viel Kraft und Hoffnung gaben. Es ging einher mit meinen eigenen kleinen Zielen die ich schon auf Intensivstation hatte. Die Farbe des ersten Rollstuhls beispielsweise oder das sitzen mit Freunden im Biergarten. Das Leben zurück zu erobern, war das Wichtigste und Erstrebenswerteste für mich. Ich war schon immer ein Lebemensch und daran wird sich in diesem Leben auch nichts ändern.

Welche Rolle spielt Gott für sie?
Sitzmann: Ich betete in der Anfangszeit meiner Rollikarriere regelmäßig im Stillen. Bat um Schmerzlinderung und dass ich den nächsten Tag erleben darf. Ich glaube an eine höhere Sache, für die ich persönlich aber nicht in die Kirche gehen muss. Ich kann zu jeder Zeit und überall mit dem Herrn Kontakt aufnehmen. Vor allem glaube ich aber an mich selbst und die Kraft es zu schaffen, wenn ich es will.

Glauben sie an Schicksal oder Vorsehung?
Sitzmann: Ich glaube an mein Schicksal und bin mir sicher, dass ich genau hier her gehöre und Ihnen auch heute diese Fragen beantworten soll!

„Die eigentliche Barriere ist nicht die bauliche, sondern die im Kopf der Menschen.“ Ein Zitat von Ihnen – denken Sie, Serien über Menschen mit Handycaps wie die „Push Girls“ können dazu beitragen, diese Barrieren einzureißen?
Sitzmann: Ich bin mir sicher, dass TV-Formate wie die 'Push Girls' viele Menschen ermutigen ihr Leben zu überdenken bzw. auch zu ändern oder zumindest bewusster zu erleben. Begreifbar machen von dem was im eigenen Kopf erst einmal unmöglich scheint schafft die Serie mit ihren Protagonisten spielend, denn keiner der Girls ist auf Mitleid ausgelegt. Im Gegenteil, sie sind Powergirls ohne Punkt und Komma. Ich erlebe fast täglich, dass sich Menschen ohne sichtbares Handicap eine Scheibe von mir abschneiden, von dem Lebensmut und Willen den ich ausstrahle. Von all dem das für mich selbstverständlich und vielleicht eine Gabe für andere ist. Das ist sehr erfüllend und auch kraftspendend für mich.

Finden sie sich in der Art und Weise, wie die Push Girls ihr Leben meistern, wieder?
Sitzmann: Ich sehe durchaus viele Parallelen zwischen den Girls und mir. Sich das Leben neu erschließen und schauen, was es noch zu bieten hat, wenn man 'schlecht zu Fuß ist'.

Würden sie gerne mit jemanden tauschen?
Sitzmann: Ich möchte mit niemandem tauschen. Ich liebe mein Leben und bin glücklich in vielerlei Hinsicht. Ich habe etwas geschafft und bin stolz darauf. Natürlich ist nicht alles immer rosarot, aber bei wem ist es das schon.

Was bekommt ihre Tochter von ihrem Handycap mit? Wie geht sie damit um?
Sitzmann: Meine Tochter Emely, die jetzt 5 Jahre alt ist, wächst mit einem Vater auf der sie liebt und ihr alles gibt was sie braucht, um groß zu werden. Was für eine Rolle spielen da zwei Beine? Sie fragte mit etwas 2 ½ Jahren das erste Mal nach, warum ich keine Beine habe. Die Antwort gab ich ihr Kindgerecht und ihr Wissenshunger war vorerst gestillt. Die nächsten Fragen kamen dann mit anderen Kindergarten Kindern und deren Fragen. Da ich sie immer positiv beantwortete und auch keinen Hehl daraus machte wie alles geschah, geht Emely damit ganz natürlich um. Es ist nichts negatives für sie. Sie kennt mich nur so und ich habe oft das Gefühl, dass ich neben ihrer Mutter das Größte für sie bin. Wenn alle so aufwachsen würden, bräuchten wir kein Wort das 'Inklusion' heißt, sondern einfach nur den Mensch auf zwei oder auf keinem Bein.

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